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Schlagwort: Baum

Die Wege des Lebens

Die Welt des Baumes ist brutal. Nur der Stärkste überlebt. Das Überleben ist vom Licht abhängig. Da musst du hin. Immer weiter. Höher, schneller als die andern. Du treibst aus. Möglichst viele Triebe, möglichst lang. Du brauchst sie, denn das Licht fließt durch deine Blätterpracht, mit der du dich behängst. Bis in dein tiefstes Inneres, deinen Stamm. Darum versuchst du es immer und immer wieder. Mit manchen deiner Triebe hast du Erfolg. Wo du das merkst, da schickst du noch mehr deines Lebenssaftes aus der Tiefe deiner Wurzeln, mit denen du so fest im Boden verankert bist. Das macht die Dicken noch dicker und dicker und länger. Sie treiben noch mehr aus, verzweigen sich nochmal und nochmal. Andere Triebe haben weniger Erfolg. Sie verkümmern. Die Richtung stimmt nicht. Die Kraft reicht nicht.

Die Wege des Baumes ans Licht sind die Wege des Lebens. Der Baum lehrt uns: Es gibt im Leben immer mehr als eine Möglichkeit. Kommst du auf einem Weg nicht weiter, versuche es auf einem anderen Weg. Wenn nötig, gehe auch ein Stück zurück. Schau, wo du dich verloren hast. Geh‘ in dich. Funktioniert unser Leben nicht nach den gleichen Spielregeln wie das Leben des Baumes?

Entstehung

Bäume sind auch immer wieder dankbare Motive, in jeder Erscheinungsform. Faszinierend sind sie beispielsweise, wenn sie sich mit ihrem nackten Gerippe präsentieren. Das Gerippe erzählt so unglaublich viel über das  Leben eines Baumes.

Dieses Exemplar eines mächtigen alten Baumes mit seinem weit ausladenden Gerippe sah ich, als eines Abends auf einem meiner Spaziergänge mein Blick über die Felder streifte. Ich hatte ihn bestimmt schon hunderte Male gesehen, aber erst in diesem Moment richtig wahrgenommen – ein magischer Moment. Sofort spürte ich ein starkes Verlangen danach, diesen Anblick festzuhalten.

Es war damals, im Jahr 2017, einer meiner ersten Ausflüge mit meinem neuen mZuiko 75 mm f1,8. Dieses gilt unter Olympus-Fotografen als reinste „Wunderwaffe“ wegen seiner Lichtstärke und fantastischen Schärfe, schon bei Offenblende. Da es schon kurz vor der Dämmerung war, wollte ich mir die Lichtstärke zunutze machen. Auch die Brennweite fand ich ganz spannend. Noch vor kurzem hätte ich dieses Bild mit meinem Lieblingsobjektiv, dem mZuiko 12 – 40 mm f2,8 gemacht. Mal von der geringeren Lichtstärke abgesehen, hätte ich anschließend eine größere Ausschnittvergrößerung machen müssen. Da auf alle Fälle aufgrund der Lichtverhältnisse ein höherer ISO-Wert nötig war, wäre nach der Vergrößerung das dadurch entstehende Rauschen noch deutlicher geworden. Das konnte ich mit dem 75er vermeiden. Der ISO-Wert betrug selbst hierbei schon 1600, und dennoch musste ich schon 1/15 Sekunde belichten.

Es war auch das ideale Motiv für den Monotonfilter der OM-D, denn die Schwarzweiß-Ausarbeitung lenkt das Auge meiner Meinung nach erst richtig gezielt auf die Struktur des kargen Gerippes mit seinen unzähligen Linien und Verzweigungen. In Lightroom habe ich außer der Ausschnittvergrößerung nur noch die Gradation durch totales Aufziehen der Lichter- und Tiefenregler bis an deren Ende vorgenommen.

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Die Augen des Waldes

Du glaubst, Du bist allein. Du wanderst seit Stunden. Wo führt er hin, der Weg? Warum hast Du Deinen üblichen Kurs verlassen? Ja, der Mensch ist von Natur aus neugierig. Immer weiter ins Unbekannte. Ins Niemandsland. Dahin, wo noch niemand war.

Nun neigt sich schon die Sonne zwischen den Riesen, die Dich umgeben. Hörst Du das leise Rauschen in ihren Blättern?  Wo kommst Du her? Wo willst Du hin? Wo bist Du hier überhaupt? Nur eines ist klar: Du bist längst nicht mehr allein. Du spürst es. Etwas verfolgt Dich, aber Du weißt nicht was. Es wird Zeit, nach Hause zu kommen.

Entstehung

Ich hatte tatsächlich meine gewohnte Runde durch den Wald verlassen, denn ein beinahe unscheinbarer Pfad, an dem ich bisher immer mehr oder weniger achtlos vorüber gegangen war, erregte in diesem Moment doch mein Interesse. Warum nicht einfach mal den üblichen Weg verlassen? Es kam mir vor, als führte mich der Pfad in ein Wunderland. Plötzlich stand ich inmitten einer  Menge von alten, knorrigen Bäumen, scheinbar uralt und zum Teil schon halb verfallen.

Das waren natürlich dankbare Motive zum Fotografieren. Ich wollte den Verfall dokumentieren. Ich dachte, so endet nun mal alles. Faulende, modrige Masse. Dem strahlenden Beginn folgt irgendwann das trostlose Ende. Aber ich war mit den Ergebnissen nicht sonderlich zufrieden. Es gelang mir einfach nichts Vorzeigbares. Es war alles zu langweilig, zu gewöhnlich, es wirkte einfach uninspiriert.

Erst auf dem Rückweg fiel mir dieser Baum auf. Zwei Äste, die ehemals ziemlich mächtig gewesen sein mussten, waren aus dem Stamm gebrochen. Es waren nun zwei tiefe Baumhöhlen zu sehen. Diese lagen zufällig so dicht beisammen, als sei es ein Augenpaar. Und schon kam mir die Geschichte in den Sinn: Wir glauben, wir seien allein im Wald. Aber wir werden beobachtet. Wer weiß, was hier bei Nacht geschieht…

Eine solch mystische, beinahe unheimliche Phantasie schrie direkt mal wieder nach dem Dramatic Tone Filter.

Ich hatte mal wieder das mZuiko 60 mm f/2,8 angeschraubt, weil ich ja eigentlich relativ kleine Details an den Bäumen groß darstellen wollte. Aber dieses Objektiv macht auch jenseits der Makro-Fotografie eine gute Figur. Ich mag seine Schärfe, seine Freistellungsmöglichkeit und sein Bokeh. Das mag Geschmachssache sein, aber ich finde es weicher und prägnanter als beispielsweise beim mZuiko 75 mm f/1,8. Das mZuiko 12 – 40 mm f/2,8 finde ich dagegen regelrecht hart. Also verzichtete ich auf einen Objektivwechsel.

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Der Nabel

Es war eine lange, harte Zeit.  Was er ist, das ist er durch die Kraft, die durch deinen Stamm floss. So gabst du ihm alles, was er brauchte. Er reifte. Er wurde stark. Aber eines Tages spürte er, dass er dich nicht mehr braucht. Er ließ es dich spüren. All deine Kraft konnte ihn nicht mehr erreichen. Er ließ sich nun vom Wind treiben. Am Ende war er weg, losgelöst von dir.

Wir werden, was wir sind, durch die, die uns schufen. Wir bedürfen ihrer Obhut für lange Zeit, damit wir reifen können. Doch jede und jeder sollte spüren, wenn die Zeit gekommen ist, die Alten, die mit dem dicken Stamm, wissen zu lassen, dass man sich nun auf seinen eigenen Weg machen wird. Damit wir selbst unsere eigene Kraft wieder an andere weitergeben können. Was wäre das Leben ohne dieses Abnabeln?

Die Entstehung

Es war ein Gedankenblitz. Der Apfel ist meine Lieblingsfrucht. Gefühlt habe ich sicher schon Abertausende in meinem Leben gegessen. Dabei habe ich eigentlich nie wirklich Notiz von dem Stiel genommen. Wer beachtet den auch schon? Er ist eben am Apfel dran, wird schon seinen Sinn haben. Doch irgendwann wollte ich es einfach wissen: Wie funktioniert das eigentlich mit dem Apfel? Wie entsteht er überhaupt? Da hörte ich im Fernsehen eine Erklärung: Der Baum versorgt den Apfel mit Nährstoffen. Irgendwann, wenn dieser genug davon hat, lässt er es den Baum wissen, indem er von sich aus die Versorgungsleitung dicht macht. Sie wird brüchig und instabil. Wenn dann ein stärkerer Windstoß kommt, fällt der Apfel vom Baum. Die Versorgungsleitung bleibt als das, was wir „Stiel“ nennen, an ihm dran und ragt aus ihm heraus wie ein Nabel.

Das Faszinierende daran ist für mich die Parallele zwischen dem Apfelbaum und uns Menschen. Ziehen wir nicht auf die gleiche Weise unsere Kinder groß? Und nabeln die Kinder sich nicht auf die gleiche Weise von uns ab? Der Mensch erhebt sich gern über die Natur, ist aber am Ende einfach selbst nichts weiter als ein Naturprodukt. Wir dürfen uns nicht nur über die Tiere nicht erheben. Nein, selbst ein Apfelbaum hat seine Parallele mit uns.

Für dieses Foto suchte ich mir einen Apfel in schöner Rot-Gelb-Färbung aus. Um den Stiel, den „Nabel“, hervorzuheben, fotografierte ich ihn als Nahaufnahme mit dem Makroobjektiv mZuiko 60 mm f/1,8 und hatte dabei noch die Idee, den in der OM-D enthaltenen Filter „Blasse Farben“ zu verwenden. Der sorgte für eine schöne sanft fließende, warme Ton-in-Ton-Färbung des Bildes.

Die Aufnahme entstand vom Stativ mit einer Verschlusszeit von 1/8 Sek. bei ISO 1600.

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