Zum Inhalt springen →

Tag: 17. April 2023

Der Nabel

Es war eine lange, harte Zeit.  Was er ist, das ist er durch die Kraft, die durch deinen Stamm floss. So gabst du ihm alles, was er brauchte. Er reifte. Er wurde stark. Aber eines Tages spürte er, dass er dich nicht mehr braucht. Er ließ es dich spüren. All deine Kraft konnte ihn nicht mehr erreichen. Er ließ sich nun vom Wind treiben. Am Ende war er weg, losgelöst von dir.

Wir werden, was wir sind, durch die, die uns schufen. Wir bedürfen ihrer Obhut für lange Zeit, damit wir reifen können. Doch jede und jeder sollte spüren, wenn die Zeit gekommen ist, die Alten, die mit dem dicken Stamm, wissen zu lassen, dass man sich nun auf seinen eigenen Weg machen wird. Damit wir selbst unsere eigene Kraft wieder an andere weitergeben können. Was wäre das Leben ohne dieses Abnabeln?

Die Entstehung

Es war ein Gedankenblitz. Der Apfel ist meine Lieblingsfrucht. Gefühlt habe ich sicher schon Abertausende in meinem Leben gegessen. Dabei habe ich eigentlich nie wirklich Notiz von dem Stiel genommen. Wer beachtet den auch schon? Er ist eben am Apfel dran, wird schon seinen Sinn haben. Doch irgendwann wollte ich es einfach wissen: Wie funktioniert das eigentlich mit dem Apfel? Wie entsteht er überhaupt? Da hörte ich im Fernsehen eine Erklärung: Der Baum versorgt den Apfel mit Nährstoffen. Irgendwann, wenn dieser genug davon hat, lässt er es den Baum wissen, indem er von sich aus die Versorgungsleitung dicht macht. Sie wird brüchig und instabil. Wenn dann ein stärkerer Windstoß kommt, fällt der Apfel vom Baum. Die Versorgungsleitung bleibt als das, was wir „Stiel“ nennen, an ihm dran und ragt aus ihm heraus wie ein Nabel.

Das Faszinierende daran ist für mich die Parallele zwischen dem Apfelbaum und uns Menschen. Ziehen wir nicht auf die gleiche Weise unsere Kinder groß? Und nabeln die Kinder sich nicht auf die gleiche Weise von uns ab? Der Mensch erhebt sich gern über die Natur, ist aber am Ende einfach selbst nichts weiter als ein Naturprodukt. Wir dürfen uns nicht nur über die Tiere nicht erheben. Nein, selbst ein Apfelbaum hat seine Parallele mit uns.

Für dieses Foto suchte ich mir einen Apfel in schöner Rot-Gelb-Färbung aus. Um den Stiel, den „Nabel“, hervorzuheben, fotografierte ich ihn als Nahaufnahme mit dem Makroobjektiv mZuiko 60 mm f/1,8 und hatte dabei noch die Idee, den in der OM-D enthaltenen Filter „Blasse Farben“ zu verwenden. Der sorgte für eine schöne sanft fließende, warme Ton-in-Ton-Färbung des Bildes.

Die Aufnahme entstand vom Stativ mit einer Verschlusszeit von 1/8 Sek. bei ISO 1600.

Schreibe einen Kommentar

Die Verkündung des elften Gebots

Wir kennen die zehn Gebote.  Ein Mensch mit Namen Moses soll sie uns gegeben haben. Sie beschreiben einfach nur die Grundregeln des Zusammenlebens, ohne die keine Gesellschaft funktionieren kann. Genau genommen hat die Menschheit hier die für ihre eigene Arterhaltung unerlässlichen Grundregeln fixiert.

Aber waren es wirklich zehn Gebote? Wer sagt uns denn, dass es nicht elf waren? Was, wenn über die Jahrtausende ein Gebot verloren ging? Welches könnte es gewesen sein?

Und werden es für alle Zeit zehn Gebote bleiben? Wie könnte eines Tages ein elftes hinzukommen? Wie könnte es lauten?

Die Entstehung

Die Basilika von Seligenstadt lässt mir keine Ruhe. Schon so oft habe ich versucht, sie möglichst gelungen in Szene zu setzen. Auch dieses Mal stand ich wieder am gegenüber liegenden Mainufer als die Sonne wie eine riesige helle Scheibe schon ziemlich tief stand. Durch das Gegenlicht bildete sich eine interessante dunkle Silhouette der Basilika. Es wirkte sehr verheißungsvoll.

Die Basilika wirkte plötzlich wie ein kleines, demütiges Kirchlein, das vom Himmel herab eine Botschaft empfängt. Welche Botschaft sollte es wohl sein? Da kam mir der Gedanke mit den zehn Geboten. Um daraus eine Story zu machen, bietet sich eben ein fiktives, unbekanntes elftes Gebot an. Absurd, ich weiß. Den Rest an Phantasie überlasse ich dem Betrachter.

Ich musste dieses Bild nicht beschneiden. Ich finde, alles ist an seinem Platz, im richtigen Verhältnis zueinander. Aber ich senkte sowohl die Lichter als auch die Tiefen in der Nachbearbeitung mit Lightroom noch weiter ab. Letzteres betonte die Silhouette noch mehr.

Im Nachhinein musste ich mich im Oly-Forum belehren lassen, dass ich durch diese Aufnahme den Sensor meiner Kamera quälte. Glück gehabt, es ist nichts passiert.

Schreibe einen Kommentar